Ich habe mir CDs herausgelegt, die ich alle heute durchhören will. Ingrid Michaelson: Human Again, Snow Patrol: Up to now, Annie Lennox, Weber & Beckmann: Kurz vor Unendlich. Im Flur stehen Farbeimer, auf dem Küchentisch auch. Der Wäscheberg von einer Woche Waschmaschine kaputt wird stündlich abgetragen. Im Nähzimmer gibt es nach dem Umbau zwei große Körbe voll auszusortieren. Auf dem Zuschnittisch liegt ein Stapel, den könnte ich heute sogar wegnähen. Das Kinderzimmer hat bisschen Möbelrücken nötig. Ein Paket muss zur Post. Später treffe ich mich mit Batti in der Stadt. Alles geht.
Der dritte Tag ohne die Kinder. Es fühlt sich an, als wäre ich in ein anderes Leben gefallen. Ich kann stundenlang machen was ich will, tagelang! Ich fühle mich seit langem wieder vogelfrei – und ich vermisse sie fürchterlich. Das Brot wird nicht alle und die Spülmaschine nicht mehr voll.
Die Illusion, dass ich jetzt alles schaffe, was ich mir schon immer für so eine Frei-Zeit vorgenommen habe, war schnell enttarnt. Was also rauspicken aus der Liste?! Welche Dinge kann ich am allerbesten nur ganz alleine machen? Oder – was würde so richtig zufrieden machen, wenn ich es von der Liste streichen kann? Was fange ich an? Ich habe erst einmal ein paar Episoden Men in Trees geschaut. Dazu Spagettini No.1 gekocht und Hexagons zusammengenäht.
Was würdet ihr machen, wenn ihr plötzlich drei, vier Tage frei hättet?
Ganz kurz, mit zusammengekniffenen Augen, habe ich mit dem Gedanken gespielt, wie das wohl wäre, wenn Batti und ich einen verrückten Tripp nach, sagen wir, New York machen würden. Einfach drei Sommerkleider, Kamera, Schreib- und Strickzeug in eine Tasche geschmissen und abgeflogen. Aber jetzt ist es in New York zu heiß und der Ozean zwischen hier und dort ist mir noch etwas zu breit. So weit kann ich mich von den Mädchen noch nicht wegbewegen. Aber wenn sie größer sind und ich mutiger …
Ich habe auch an eine kleinere Reise gedacht, mit bisschen Abenteuer und den Füßen im Meer. Ich hätte uns gern hier einen Platz zum Mitfahren gesucht, zum Sommerbrise an der Ostsee schnuppern und Fischbrötchen essen. Nur wir zwei, ohne eigenes Auto, ohne tausend Taschen, das haben wir schon ewig nicht mehr gemacht. Mitfahrzentralen sind da ja eine coole Sache und immer besser organisiert. Wahrscheinlich sieht man deswegen kaum noch Tramper an den Auffahrten stehen. Ich finde das spannend, so völlig aus heiterem Himmel ein paar Stunden Leben und Kilometer mit unbekannten Menschen zu teilen. Wenn wir mit Kindern und Kegeln das Auto voll haben, können wir nie jemanden mitnehmen. Vielleicht begegnet uns ja noch jemand, wenn wir die Mädchen abholen. Wer weiß.
Mein Vater ist früher viel getrampt. Wir haben in einer Ministraße gewohnt und am Ende waren ein Ahorn und eine Steinmauer, auf der ließ es sich herrlich spielen. Danach kam die F5 (so hieß sie früher) und hat nach Fernweh geduftet. Einmal sollte Papa nach Karl-Marx-Stadt, einen LKW abholen. Er hätte den Zug nehmen können … aber nein, er wollte trampen. Er lässt wie ich ungern eine Gelegenheit verstreichen, bei der es neue Menschen kennenzulernen gibt. Mama war sauer. Sie konnte von unserem Hoftor sehen, dass er immer noch an der F5 stand. Nach Stunden hat es geklappt, auf einer Schwalbe bis Karstädt und von da in einem Auto bis Leipzig, nachts halb eins. Da gings nicht mehr weiter, Papa hat die Nacht auf dem Bahnhof geschlafen und ist das letzte Stück dann doch Zug gefahren. An so eine Reise erinnert man sich ewig.
Für dieses Mal sind wir aber Zuhause geblieben. Battis Urlaubstage sind schon alle verplant und ich mache mich an die Stapel der langen Bank, die es in jedem Zimmer gibt. Ich habe die Hoffnung, dass, wenn die erstmal endlich weg sind, Platz für etwas Neues wird. Was auch immer das sein kann.
schön hast du das geschrieben. seufz. gell das auf leisen sohlen sich an freiheit schleichen die man ja gar nicht will &doch geniesst nicht ohne schlechtes gewissen lustig ist das &du liebes ich finde keine e-mail von dir? wo gugg ich den nicht?